Haralampi Oroschakoff: Mit seiner Autobiografie „Das Lächeln des Emigranten“ und der Ausstellung „Prèt à Porter“ (bis 17.1.2023), führt der Künstler in die schwindende Welt von LebensART und Dandytum, mit Ed.Meier München als kongenialer Adresse

Malerei zu Mokassins? Die skeptische Frage stellte sich mir im Vorfeld der obigen Ausstellung des Autors und Malers Haralampi Oroschakoff, denn schon oft habe ich mich wundern müssen, an was für Wände der Mangel an Ausstellungsflächen mitunter auch gelungenste Werke nagelt. In diesem Fall jedoch schwanden meine Bedenken, sobald ich die Räumlichkeiten von Ed.Meier in der Münchner Brienner Straße betrat, denn das Ambiente entpuppte sich selbst als kleines Kunstwerk, das mit unzähligen, liebevoll zusammengestellten Ausstattungsdetails punktet.

Seitens der Angestellten wurde ich zu meiner Überraschung wie eine langjährige Stammkundin begrüßt. Solche Art von Zugewandtheit schien mir beinahe aus der Zeit gefallen, angesichts der stetig wachsenden Dienstleistungswüsten, pampig desinteressiertes Personal inklusive.

Ein Cut, den BanausInnen wie ich leicht mit einem Frack verwechseln 😉

In einem Familienbetrieb wie Ed.Meier hingegen scheint sich die generationsübergreifende Bindung an das Geschäft in einer Hingabe niederzuschlagen, die sich vom Chef auf das Personal überträgt, und die man als Kunde sofort spürt und schätzt.

Als ultimatives Gütesiegel des Unternehmens erweist sich das qualitativ hochwertige und entsprechend nachhaltige Sortiment: Erlesene Tücher und Accessoires sowie das gern zitierte „Paar feinster Lederschuhe, das für den Rest des Lebens hält“ …

Qualitätsmerkmale, die weit zurückreichen:

Im Jahr 2006 feierte die Firma ihr 400-jähriges Bestehen. Bis heute setzt „Ed.Meier“ auf handgenähte Lederschuhe, made in München, anstatt auf Billigware aus Übersee. In der dreizehnten Generation leitet Peter Eduard Meier gemeinsam mit seiner Schwester Brigitte das traditionsreiche Unternehmen (…)

Aus FOCUS-online, 10.9.2015, Ben Krischke > MEHR
Peter Eduard Meier Junior, zusammen mit seiner Schwester Brigitte, der amtierende Chef des Hauses Ed.Meier

Dass mir mit Peter Eduard Meier eine den konservativen Werten und Traditionen verbundene Persönlichkeit begegnete, passte daher absolut ins Bild, dito sein ausgesprochenes Interesse an zwischenmenschlichem Austausch auf ebenso anspruchsvollem wie herzlichem Niveau.

Entsprechend möchte er auch die Kulturveranstaltungen in seinem Haus nicht an die große Glocke gehängt wissen, verortet sie vielmehr als eine Art Kultursalon für den Freundes- und Stammkundenkreis, mit herzlichem Willkommen, relevanten Themen, aber ohne jedes zusätzliche „ChiChi“.

Das zeitlos gediegene Geschäftsmodell von Ed.Meier als Adresse für und mit LebensART quittieren viele MünchnerInnen und Münchner – sowie Fans deutschlandweit – offensichtlich mit großer Wertschätzung, nach den Kommentaren zu urteilen, die ich auf meinen ersten Post zur Oroschakoff-Vernissage erhalten habe. Exemplarisch dafür ist nachstehende virtuelle Wortmeldung aus dem fernen Norden der Republik von Stefan Kowalski :

„Ein wundervolles Refugium für Ladies und Gentlemen in der immer absurder werdenden Welt der Mode. Gibt leider nicht mehr viele Geschäfte dieser Art. Deswegen unterstützen!“

Positiv überraschte mich an diesem Abend auch, wie kongenial sich die Bilder von Haralampi Oroschakoff in das Interieur einfügen. Das liegt sicher auch daran, dass die Mehrheit der Exponate einem Zyklus angehören, den der Künstler eigens für diese Ausstellung konzipiert hat. Wie er mir bei der Vernissage erläuterte, zeigt er unter dem Titel „Pret à porter“ Exponate (mixed on paper, 40 x 30 cm), die thematisch um den Verlust der Individualität kreisen, die zunehmend durch den Hype um Markenketten ersetzt wird. So verwundert es nicht, dass Oroschakoff seine Protagonisten als Figurinen ohne Antlitz darstellt oder mit nur rudimentär skizzierten Gesichtszügen.

Wie symbiotisch die Kunst Oroschakoffs und die LebensART Ed.Meiers ineinander greifen, zeigt sich in der ebenfalls stimmig wirkenden Kombination von Ed.Meier Auslagen und Gemälden Oroschakoffs außerhalb der Pret à Porter-Reihe. In diesen Bildern deutet sich das für Oroschakoffs Werk inzwischen ikonisch anmutende Doppelkreuz an:

Ed.Meier Mode – in noch herrenloser Wartestellung – wird mit Gemälden kombiniert, in denen sich das für Oroschakoffs Werk inzwischen ikonische Doppelkreuz angedeutet findet.

Mitte der 1980er Jahre begann (Oroschakoff) die Rückbesinnung auf den byzantinisch-orthodoxen Kulturkreis seiner Herkunft. Daraus resultierte die Konzentration auf das orthodoxe Kreuz als Bildgrund (Doppelkreuz). Diese Bildserien führten die monochrome Malerei eigenständig weiter und benannten die unsichtbare Kulturgrenze zwischen dem postlateinischen Westen und dem postbyzantinischen Osten.

Haralampi Oroschakoff: Doppelkreuz Fragment

„Das bewusste, positive Einbeziehen unterschiedlichster Zitate aus dem slawisch-russischen und kleinasiatischen Bereich und der Versuch, eine neue, zeitgemäße Ikone zu entwickeln, zeigen deutlich, dass es Oroschakoff um eine Akzentverschiebung geht – dies nicht aus sentimentaler Liebe zu seinen Wurzeln, sondern weil er im östlichen Kulturbereich etwas lebendig glaubt, das im Westen längst verschüttet ist.“ [13]

Zitat Wikipedia zu Haralampi Oroschakoff > MEHR

Diese Rückbesinnung Oroschakoffs auf seine Wurzeln erfolgt nicht zufällig, setzt sich doch die DNA des Künstlers selbst aus einigen Jahrhunderten osteuropäischen Großfürstentums zusammen.

Der Maler und Autor Haralampi Oroschakoff
während seiner Lesung bei Ed.Meier am 17.10.2022

Daraus erwachsen ist der „Weltbürger Oroschakoff“, als der er sich in seinem Curriculum Vitae selbst bezeichnet, doch ebenso der „Emigrant Oroschakoff“, zwei Seiten einer Medaille, der er vergangenes Jahr eine Autobiografie gewidmet hat:
Titel: „Das Lächeln des Emigranten

Diese präsentierte er bei Ed.Meier in einer knapp einstündigen Lesung, mit einer Kaskade spannender Betrachtungen, bildreich detaillierter Beschreibungen und informativer Aha-Erlebnisse. Wie umfassend die verbale und gedankliche Fülle seines Buches ist, schien ihm dabei gar nicht bewusst, angesichts der Beiläufigkeit, die in seinem Vortrag die Ausrufezeichen ersetzte.

In opulenten Farben und mit feiner Ironie schildert Oroschakoff sein Leben in den verschiedenen städtischen Milieus, zwischen den Dorfbewohnern der Provence und den Grandseigneurs aus aller Welt. Dabei artikuliert sich ein Künstler in der wirtschaftlichen Achterbahn zwischen großen Erfolgen und langen Durststrecken, ein Kenner der osmanisch-osteuropäisch-westeuropäischen Kulturachse, ein Aristokrat, der mit dem Hochadel West- und Osteuropas eng verbunden ist, ein Bildungsbürger mit exzellenten Manieren, der immer Emigrant bleibt. Mit dem Auge des Malers und dem Interesse des Kulturanthropologen seziert Oroschakoff die Gesellschaften in denen er sich bewegt. (…) > MEHR

DIE WELT, 31.7.2021, Julien Reitzenstein

Obiger Artikel(Ausschnitt) – mehr noch Laudatio als Rezension – aus der Feder eines begeisterten Journalisten formulierte im Untertitel Autobiografie eines Dandys, eine Klassifizierung, die auch Oroschakoff im Programmflyer für sich verwendet und die im umfangreichen Pressespiegel zum Buch häufig aufgegriffen wird. Und als ein solcher „Dandy“ befand sich Oroschakoff bei Ed.Meiers am genau richtigen Ort, gewissermaßen als schillernder Vertreter einer schwindenden Spezies und Zielgruppe eines bestechenden Unternehmens der leider ebenfalls schwindenden Art.

Zur Oroschakoff-Lesung bei Ed.Meier war jeder Platz besetzt

Dieser Gedanke findet sich in Ansätzen auch am Ende der Besprechung von Julien Reitzenstein in „DIE WELT“ wieder:

Wer Haralampi Oroschakoff in gutsitzendem Tweed mit Patina im Wiener Kaffeehaus trifft oder mit elegantem Panamahut und Seidenschal auf der Croisette in Cannes, wer seinen Erzählungen – in gemütlicher Wiener Mundart – lauscht, empfindet rasch Wehmut über den Untergang der Welt, an der er uns in „Das Lächeln des Emigranten“ teilhaben lässt“.

Zur kompletten > REZENSION von Julien Reitzenstein, DIE WELT/31.7.2021
VertreterInnen schwindender Welten, v.l.:
Gräfin Diana von Hohenthal Kunst-Managerin und Ehefrau von
Haralampi Oroschakoff, Autor und Bildender Künstler
Fürstin von Hohenberg, die Verlobte von
Peter Eduard Meier (Gastgeber des Abends)

Glücklicherweise existieren die Welt der Oroschakoffs und engagierte Familienunternehmen wie Ed.Meier noch – mit Betonung allerdings auf „noch“ … Daher genieße ich Abende wie diesen sehr bewusst, auch wenn ich nur Zaungast bin. Das wiederum verschafft mir perspektivisch den Abstand, aus dem sich ein Faszinosum am besten erfassen lässt …


Was für ein Déjà Vu! Der Moment meines Wiedersehens mit Haralampi Oroschakoff nach !26 Jahren. Er schien äußerlich kaum verändert, seit ich ihn 1996 bei einer seiner Vernissagen kennenlernte, zu der mich mein alter Kumpel, Jazzgeiger Hannes Beckmann (+2016) mitgenommen hatte.

Als dann das „Das Lächeln des Emigranten“ erschien, schrieb ich Haralampi Oroschakoff spontan wegen eines Rezensionsexemplars an. Seitdem stehen wir wieder in Kontakt …


Haralampi G. Oroschakoff
Das Lächeln des Emigranten

In Das Lächeln des Emigranten erzählt der Künstler und Schriftsteller Haralampi G. Oroschakoff aus seinem Leben. Eine persönliche, in die Geschichte Osteuropas eingebundene Geschichte, eine Erzählung verlorener Identität und damit verbundener Ausgrenzung und prekärer Existenz – die Geschichte einer Kunst des Lebens und die Geschichte eines Lebens für die Kunst.

Ladenpreis: € 28,00
ISBN 978-3-9818181-5-4
Verlag: wdpress
Französische Broschur
432 Seiten, 17 Farb- und 73 SW-Abbildungen

Im Buchhandel oder > hier bestellen.

Pressespiegel und Details zu
Haralampi Oroschakoff unter >

www.oroschakoff.com


Die Ausstellung „Prèt à porter“ von Haralampi Oroschakoff kann während der Öffnungszeiten von Ed.Meier München noch bis 17.1.2023 besichtigt werden!


Die Titelcollage stammt von Gaby dos Santos


Veröffentlicht von Gaby dos Santos

GdS-Blog, Bühnenproduktionen (Collagen/Historicals), Kulturmanagement/PR > gabydossantos.com

Hinterlasse einen Kommentar

Entdecke mehr von Gaby dos Santos

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen