„Mohammed Alatar musste in die USA gehen, um zum ersten Mal vom Holocaust zu hören.“ heißt es in einem hörens- und lesenswerten Beitrag auf Deutschlandfunk Kultur von Judith Hoppe > Das Tabuthema Holocaust, 20.12.2022, über den palästinensischen Filmemacher und Universitätsdozenten.
„28 Jahre alt war der damalige Politikstudent, als er zum ersten Mal von den Ghettos, Konzentrationslagern und Gaskammern erfuhr. In Gesprächen mit amerikanischen Juden, die zu seinen Freunden wurden und einigen Holocaustüberlebenden kam er dem Ausmaß des Grauens immer näher.„
Deutschlandfunk Kultur, , 20.12.2022, Judith Hoppe > Das Tabuthema Holocaust
Um nun auch seine Landsleuten über den „Holocaust aufzuklären, plant er einen Dokumentarfilm über die Wahrnehmung und den Umgang mit dem Holocaust in der arabischen Welt, für den es ihm jedoch bislang an Unterstützung mangelt:
Es ist schwer, für einen so heiklen Film, zumal von einem palästinensischen Filmemacher, internationale Fördergelder zu finden.
Mohammed Alatar, palästinensischer Universitätsdozent und Filmemacher
Doch nicht nur die Finanzierung stellt eine Herausforderung für den palästinensischen Kreativen dar, sondern auch die Suche nach einer stimmigen Ausdrucksform in einem Land, in der die Nakba der Palästinenser als Thema omnipräsent ist, der Holocaust hingegen unbekannt und sich zudem rechtsradikale Publikationen wie Hitlers „Mein Kampf“ großer Beliebtheit erfreuen. Diese Entwicklung bildet auch den Ausgangspunkt für Judith Hoppes Beitrag Das Tabuthema Holocaust:

Nazi-Propaganda und Hitlers „Mein Kampf“ sind in vielen Buchläden in Ramallah erhältlich, Literatur über den Holocaust nicht. Titelbild des Beitrags Das Tabuthema Holocaust © Judith Poppe
„Bücher über den Holocaust gibt es in Palästina kaum. Wer über ihn informieren möchte, gilt schnell als einer, der die israelische Besatzung normalisiert, und muss sich auf Todesdrohungen einstellen. Einige Intellektuelle versuchen es trotzdem. (…)“
Deutschlandfunk Kultur, , 20.12.2022, Judith Hoppe > Das Tabuthema Holocaust
Aktivistinnen und Aktivisten, wie eben Mohammed Alatar: Der Sechzigjährige öffnet ein Word-Dokument: Der Holocaust und die arabische Welt – Exposé zur Entwicklung eines Dokumentarfilms. Er sagt:
„Meine Hoffnung ist, dass ich mit diesem Film ein kleines Fenster öffnen kann, für beide Seiten, das uns erlaubt, ein bisschen tiefer in die Psyche des anderen zu sehen.“
Mohammed Alatar,
… und meine Hoffnung ist, dass dieser Film – und möglichst viele ähnliche Projekte – realisiert werden möge, denn gegenseitiges Verstehen bildet die Grundvoraussetzung für friedliche Koexistenz. Gerade auch im Fall von Juden und Palästinensern, denn spätestens mit dem Sykes-Picot Abkommen von 1916 wurden die Weichen für ein kolossales Unrecht an beiden Völkern gestellt, das mit dem Holocaust seinen schrecklichen Fortlauf nahm und in den heutigen Konflikt zwischen beiden mündete.