„Ist es nicht interessant, Dinge mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten, z. B. einen Stadtteil mit neuen Augen zu sehen?“, fragte sich TZ-Kolumnistin Marianne Wille und führte fort:“ ‚Ein halb-wahnsinniger Schreibspaziergang# wurde mir im Newsletter der Monacensia von den beiden namhaften Schriftstellerinnen Dana von Suffrin und Sandra Hoffmann angeboten – so etwas reizt doch! Beim Schreiben nicht immer in alte Muster zu verfallen, war der Gedanke.

fotografiert von Marianne Will auf dem Bogenhauser Friedhof
Daraufhin haben wir Teilnehmer uns beim Flanieren Notizen gemacht, um später einen Liebesbrief an den alten Bogenhauser Friedhof zu verfassen; den Besitzer einer herrschaftlichen Villa schriftlich zu überreden, uns diese zu übereignen; bei „Käfer“ lyrisch zu Papier zu bringen, was der Mensch zum Leben wirklich braucht; den Friedensengel mal so richtig wettern zu lassen, was ihm von da oben aus gesehen alles nicht passt und dem mit Farbe verunstalteten Russischen Konsulat im schönsten Kummerkastentanten-Stil gute Verhaltensratschläge zu geben.





Von links im Uhrzeigersinn: Der Friedensengel – das durch rote Farbe verunstaltete Eingangstor des russischen Generalkonsulats – Gaby dos Santos vor der üppig dekorierten Fassade der noblen Käfer Schenke – die Villa des geheimnisvollen „Prof. B.“ – Schriftstellerin Sandra Hoffmann auf dem Bogenhauser Friedhof



Links: Die Doktorandin Julia Woelfle verfasste den Anfang eines Gedichts zur Käferschenke, der vor Bildgewalt nur so strotzte. Neben ihr Dana von Suffrin, #SchreibResi 2022
Rechts: Nach der Kür die Pflicht! Uns TeilnehmerInnen wurden 30 Minuten zum Verfassen von Texten zu zwei der Stationen unseres Schreibspaziergangs eingeräumt. Danach lasen wir uns die Texte gegenseitig vor, fachkundig begleitet von Dana von Suffrin und Sandra Hoffmann
Gestaunt und gelacht wurde, vor allem beim kreativen Ausarbeiten und Vorlesen der Texte im Anschluß an unsere Tour – erfrischend inspirierend!
Verliebt in München„

Ende des Beitrags von Marianne Will.
In verkürzter Form war er zuvor am 4.10. im Rahmen ihrer wöchentlichen Kolumne in der TZ erschienen.
Links Marianne Will während des Schreibspaziergangs vor den Toren der hochherrschaftlichen Bogenhauser Villa von Prof. B. Tatsächlich firmiert er am Klingelschild mit dieser Abkürzung, was zu umso mehr Spekulationen verleitet. Dana (hinter Marianne auf dem Foto) und Sandra inspirierte der geheimnisvolle „Prof“ zu einer der Schreibaufgaben dieses literarischen Hürdenlaufs.
Wir sollten in Dialogform den Hausherrn überreden, uns die Villa zu überlassen. Pro Bono – Versteht sich 😉

Jener erotischste Friedhof, den uns Schriftstellerin Dana von Suffrin in der Programm-Ankündigung in Aussicht gestellt hatte, zeigte sich unserer Gruppe beim „Schreibspaziergang“ durch Bogenhausen zwar nicht, dafür aber der vielleicht dekadenteste Chemtrail aller Zeiten, als unvermittelt über uns gleich Flugzeuge über im Formationsflug fette weiße Linien zogen, was zunächst für Unbehaglichkeit sorgte: „Nicht näher definierte Flieger in politisch unruhigen Zeiten!?“
Doch alsbald sorgte diese unplanmäßige Einlage nur noch für Kopfschütteln, als sich herausstellte, dass die Flieger mit ihren Abgasen den Schriftzug In München endlich wieder Oktoberfest! in den weißblauen bayerischen Himmel rammten! Absender unbekannt …
Solcherart Momentaufnahme steht beispielhaft für das bemerkenswert kontrastierende Einerseits und Andererseits unserer Stadt: Einerseits eine Extraportion Hedonismus, genussvoll in das Bling Bling der Münchner Schickeria eingekleidet …
Andererseits die historische Tradition einer ausgeprägten Bohème-Kultur, als fruchtbarer Boden für innovative Strömungen, die sich bis in die Münchner Gegenwart fortsetzt – hippes Berlin hin oder her! Im Gegenteil fördert – meiner Meinung nach – gerade die Überschaubarkeit unserer Stadt die Verzahnung kultureller Netzwerke und damit ihr kreatives Potential. Es bedarf lediglich kongenialer Anlaufstellen wie eben die Monacensia im Hildebrandthaus: In ihrer Doppelfunktion als literarisches Gedächtnis der Stadt München und literarischer Begegnungsstätte bietet sie ein solch inspirierendes Forum und leistet mit ihrer Initiative einer #SchreibResi(dence) seit dem Sommer 2022 einen tatkräftigen Beitrag mehr dazu.

Mit Beginn der Herbstsaison endet Dana von Suffrins Zeit als #SchreibResi, und man darf gespannt sein, welche literarische Persönlichkeit während der Sommermonate 2023 in der Monacensia schalten und walten wird: Als GastgeberIn, NetworkerIn, DozentIn und vor allem als ein literarischer Geist der Gegenwart!
Zur #SchreibResi 2021 siehe auch im GdS-Blog den Beitrag:

#SchreibResi(dency): BloggerInnen im Vormarsch? –
Das literarische Angebot der Monacensia, exemplarisch festgemacht an einem Diskussionsabend, moderiert von Autor Sebastian Stuertz, mit Marius Müller & Katharina Herrmann
im GdS-Blog von Gaby dos Santos