Die zahllosen Wortmeldungen – meist im Fortissimo-Modus – zur Gender-Diskussion empfinde ich zunehmend als Platte mit nervigem Sprung! Dies begründet sich vor allem durch die aggressive Tonart, in der die selbsternannten Hüterinnen und Hüter der deutschen Sprache gegen all diejenigen zu Felde ziehen, die die Parität von Mann und Frau auch sprachlich widerspiegeln möchten.

Doch wozu die ganze Aufregung? Schließlich lebt Sprache und entwickelt sich dabei unaufhaltsam weiter, da sie von uns Menschen gleichermaßen geschaffen, genutzt sowie bei Bedarf erweitert und verändert wird. Keineswegs ist Sprache also ein fest zementiertes Kulturgut!

Vielmehr bietet sie immer wieder neue Möglichkeiten von Ausdruck und Kommunikation, zugeschnitten auf unsere Bedürfnisse im Wandel der Zeit. Davon wird sich einiges erhalten und anderes wieder in Vergessenheit geraten, unabhängig vom Gusto einzelner Individuen oder Interessensgruppen.

Entsprechend bedarf Sprache, ob nun Deutsch oder Kisuaheli, keiner Intervention seitens selbsternannter Retterinnen und Retter. Auch nicht um die umstrittenen „Innen“ wieder aus dem Sprachgebrauch zu verbannen. Sollten diese sich dauerhaft nicht bewähren, beziehungsweise die menschliche Kundschaft sich nicht an sie gewöhnen, werden sie ganz von alleine wieder verschwinden.


Letzteres scheint mir gut möglich, denn zugegebenermaßen befriedigt diese „Innen“-Lösung nicht, da sie sich in der Anwendung als umständlich erweist, den Sprachfluss und das Schriftbild stört. Dennoch habe ich mich persönlich für ihren Gebrauch entschieden, angesichts der Motivation dahinter: Durch das Gendern aufzuzeigen, dass sich die Gesellschaft gleichermaßen aus Männern UND Frauen zusammensetzt, aus Yin und Yang.

Ein Aspekt bereichernder Ganzheitlichkeit, das im Gendern immerhin eine, wenn auch nicht optimale Darstellungsform gefunden hat. Deshalb habe ich mich trotz aller Vorbehalte für möglichst konsequentes Gendern entschieden, betrachte dies aber als eine persönliche Entscheidung, die jede und jeder für sich selbst treffen sollte. Zumindest in der privaten Kommunikation.

Im offiziellen Sprachgebrauch jedoch untermauert das Gendern politisch den Aspekt geschlechtlicher Parität. Deshalb empfinde ich es in diesem Kontext als dringend geboten, zumal in Bezug auf gesellschaftliche Gleichstellung noch eine ziemliche Strecke vor uns liegt; mit dem Gendern als einem zumindest formalen Wegweiser.


Dass der Generation Dieter Hallervordens sowie Männern generell die Notwendigkeit solcherart sprachlicher Darstellung weniger einleuchten mag, als uns Frauen, liegt auf der Hand. Dennoch unterscheiden Dieter Hallervorden und ich uns im demokratischen Denkansatz kaum – und das ist es doch, was in einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung zählt!
Auslöser für meinen Beitrag war übrigens ein angebliches Zitat Dieter Hallervordens. Es stammt von der Plattform „DEUTSCHLAND KURIER“ und gibt auf unseriöse, da unvollständige und verzerrte Art den Inhalt des obigen Interviews wieder.

Verzerrend verkürzt von der Plattform „DEUTSCHLAND KURIER“ wiedergegebenes Zitat von Dieter Hallervorden
Weitere Quellen. die das Zitat in nachstehendem Wortlaut beglaubigen würden, habe ich nicht gefunden, und es unter unrechtmäßige Propaganda zu Lasten von Dieter Hallervorden und der Geschlechterparität eingeordnet.
Aber unabhängig davon, ob dieses Zitat nun original von Dieter Hallervorden stammt oder nicht – in einem Punkt muss ich widersprechen: Es mag beim Fernsehpublikum eine Mehrheit gegen das Benutzen von „Innen“ geben, nicht aber gegen die Gleichstellung von Mann und Frau, die durch dieses Verfahren Ausdruck findet.

Dass sich die „Innen“-Formel schwer auf Bühnensprache oder Literatur übertragen lässt, wo es auch um Sprachfluss geht, leuchtet allerdings ebenso ein, erst recht, wenn es sich um klassische Werke handelt; dieser Punkt geht an Dieter Hallervorden 😉
Aber wie nun auch immer:
Die Sprache wird sich, seit jeher einem unterschwelligen, aber höchst demokratischen Diktat folgend, unbeirrbar von alleine weiter entwickeln. Dazu benötigt sie weder eines konservativen noch gar rechtskonservativen Geleitschutzes noch meines Feminismus.

Sie verhält sich einzelnen Bestrebungen gegenüber souverän, da ihre Weiterentwicklung ausschließlich von unserem kollektiven Einfluss abhängt. Daher können wir uns also die aktuellen Gender-Debatten sparen und höchstens gespannt abwarten, in welcher Form sich Gleichberechtigung dauerhaft im deutschen Sprachgebrauch niederschlagen wird.
Denn:
Wir sind DAS VOLK
und daher auch
DIE SPRACHE!

Titel-Foto: Sigi Müller > www.augenblick-fotografie.com