Die Terroranschläge sowohl in Nizza wie auch im Münchner Olympia-Einkaufszentrum, im Abstand von nur einer Woche, erlebte Journalist Richard Gutjahr hautnah mit und berichtete entsprechend. Dadurch geriet er selbst im Netz zur Zielscheibe fortgesetzter Hate-Kommentare. Im Oktober schilderte er seine Erfahrungen im Internationalen PresseClub München, im Rahmen einer vom Bayerischen Journalistenverband organisierten Veranstaltung:
Podiumsdiskussion „Einfach nur hassen“ – hate speech im Netz

Die Welt, die sich mir anhand seiner Schilderungen auftat, schockierte mich, und ich mochte kaum glauben, dass das wachsende Phänomen von Hasskampagnen im Internet solche Ausmaße anzunehmen vermag, doch Gutjahr belegte seine Ausführungen mit stapelweise juristischer Korrespondenz. Bereits damals deutete er Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit seinem damaligen Arbeitgeber, dem BR an, hielt sich jedoch strikt an eine Stillschweige-Vereinbarung. Diese sah er gestern, an seinem offiziell seinem letzten Arbeitstag, nach 22 Jahren!, als nicht länger gegeben und wandte sich mit einem Offenen Brief an den Intendanten des Bayerischen Rundfunks, Ulrich Wilhelm.
Nach den Vorfällen rund um die großmütterliche Umweltsau und den damit verbundenen Vorwürfen mangelnder Sorgfaltspflicht seitens WDR-Intendant Tom Buhro gegenüber Mitarbeitern in dieser Affäre, sorgt nun Gutjahrs Veröffentlichung für reichlich Resonanz, und das ist, meiner Meinung nach, auch gut so, da unübersehbar politisch, arbeitsrechtlich und gesellschaftlich dringender Handlungsbedarf besteht: Das „www“ – eine unserer folgenreichsten Errungenschaften – darf nicht zum rechtsfreien Raum pervertieren.
Treffend postet der SPD-Landtagsabgeordnete Florian Ritter:
Richard Gutjahr war in den letzten Jahren einer der deutschen Journalisten, die am massivsten Hasskampagnen und Bedrohungen aus dem Netz ausgesetzt waren. Was ich über fehlende Unterstützung durch seinen Arbeitgeber, den Bayerischen Rundfunk lese, macht mich fassungslos. Mal abgesehen von der offensichtlichen Schutzlosigkeit der „Freien“ beim BR: die Ahnungslosigkeit über rechte Kampagnenführung und die Gleichgültigkeit gegenüber ihren Opfern in den Spitzen einer Rundfunkanstalt sind eine echte Gefahr für uns alle. Wie sollen Presse und Rundfunk ein Bollwerk der Freiheit sein, wenn sie es nicht mal für diejenigen eigenen Mitarbeiter sind, die zum Ziel von Bedrohungskampagnen werden?
Nachstehend Richard Gutjahrs Offener Brief an BR-Intendant Wilhelm.
Viel bewegen wird sich dadurch in der offiziellen Haltung von BR/Intendant in dieser Sache zunächst nicht, darauf deuten bereits die ersten Stellungnahmen des Senders hin, umso wichtiger ist es, solche Vorfälle in der Öffentlichkeit auszutragen, gerade wenn es, wie hier, um öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten geht, die von uns allen mitfinanziert werden.
Aktuelle Pressestimmen dazu:
Tagesspiegel
Journalist macht Bayerischem Rundfunk schwere Vorwürfe
Deutschlandfunk
Offener Brief:
Richard Gutjahr beendet Tätigkeit beim BR und kritisiert Intendant
Münchner Merkur
Eklat um bekannten Moderator:
Schwere Vorwürfe gegen Intendant – BR nimmt Stellung