Zum Abschluss eines hochemotionalen Festakts las Ernst Grube der Stadt München, die ihn soeben mit dem Georg-Elser-Preis 2017 ausgezeichnet hatte, freundlich die Leviten. „(…) Ernst Grube war und ist immer auch unbequem. Aber es sind nicht die Bequemen, die die Demokratie verteidigen. (…)“ hieß es ja auch unter anderem in der Begründung der Jury …
Zurecht, denn in seiner Dankesrede kritisierte der Preisträger das Stolperstein–Verbot und die Antisemitismus-Debatte der Landeshauptstadt München und blieb sich somit treu …
Ernst Grube verkörpert die Widersprüche der bundesrepublikanischen Republik. Als Jugendlicher und Sohn einer jüdischen Mutter dem Holocaust knapp entkommen, fand er sich in einer BRD wieder, die zu sehr mit dem Verdrängen der jüngsten Vergangenheit und dem Wiederaufbau beschäftigt war, um sich mit dem auseinander setzen zu wollen, was ihm und Millionen Leidensgenossen im Dritten Reich an Unrecht widerfahren war.
In der KPD und später DKP fand er seine politische Heimat, engagierte sich darüber hinaus für Menschenrechte und Pazifismus und erhob seine Stimme als Zeitzeuge nationalsozialistischer Verbrechen. Sein unermüdlicher politischer Aktivismus führte dazu, dass er, wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt, in der jungen BRD wiederum inhaftiert wurde.
Inzwischen auf dem Zweiten Bildungsweg Berufschullehrer geworden, traf ihn Anfang der 1970er Jahre der Radikalenerlass. Indem er daraufhin einem Entscheidungsträger seinen Judenstern auf den Schreibtisch legte, gelang es ihm jedoch, das Berufsverbot abzuwenden.
Diese Stationen zeichnete unter anderem, sichtlich bewegt, sein Freund, der Historiker Dr. Jürgen Zarusky in seiner Laudatio nach. Der Laudator wurde von Dr. Hans-Georg Küppers, dem Kulturreferenten der Landeshauptstadt München vorgestellt.
2002 würdigte die Landeshauptstadt München Grubes Engagement bereits mit der Medaille „München leuchtet„, während der Verfassungsschutz ihn noch bis 2013 auf seiner Liste als „linksextrem“ führte, wie Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) in ihrer Rede hervorhob. Später erläuterte Ernst Grube, dass ihm ein hoher Verfassungsschützer dazu bei einem Empfang erklärt habe, Grube „sei halt in der falschen Partei ...“

Diese und weitere berührende, aufrüttelnde, wie auch schockierende Details kamen im Laufe der Veranstaltung zur Sprache, eindringlich abgerundet durch Michaela Dietls Gesangseinlagen, die die Essenz einer engagierten Lebensgeschichte emotional und klanglich dort aufgriffen und fortführten, wo Worte an ihre Grenzen gestoßen wären.
Besonders intensiv erlebt man solcherart Veranstaltungen, wenn ein persönlicher Bezug gegeben ist: In diesem Fall war er durch meine Freundin Edith Grube gegeben. Mit der Nichte von Ernst Grube bin ich schon längere Zeit befreundet. Wir haben uns über die Initiative „Stolpersteine auch für München“, unter Vorsitz von Terry Swartzberg kennen und schätzen gelernt. Schon im Vorfeld der Preisverleihung hatte ich mit Edith Grube ein langes Interview geführt und freute mich nun, die einzelnen Familienmitglieder im NS–Dokumentationszentrum persönlich erleben zu dürfen. Das galt leider nicht mehr für Ediths Vater Werner, Ernst Grubes älterer Bruder und dessen Schicksals- und Polit-Gefährte, der 2013 verstorben ist.
Zu Ediths Schilderungen einer Biografie als Tochter und Nichte von Holocaust–Überlebenden und Polit–Aktivisten folgt ein separater jourfixe–Blogbeitrag in Kürze. Aufgefallen war Edith mir auf der Facebook–Seite des Vereins, auf Grund der unerbittlichen Leidenschaft und Detail–Versessenheit ihrer Posts, mit der sie sich für die Aufhebung des Verbots von Stolperstein–Verlegungen auf öffentlichem Grund in München einsetzte. Manchmal dachte ich mir, ob es nicht auch einen Tick moderater ginge … Inzwischen, nach entsprechender Kenntnis der Familiengeschichte, bin ich klüger: Hartnäckigkeit liegt ganz offensichtlich in der Familie.
Lauwarm kommt bei den Grubes nicht wirklich in Frage … und ich finde, das ist auch gut so!
Ein Extremist wider den alten Nazi-Ungeist – Bericht zur Preisverleihung von Robert Werner in „Regensburg digital“
Das Titelbild (ohne jourfixe-Logo) Gerhard Hallermayer
10 Kommentare zu „„Nicht die Bequemen verteidigen die Demokratie …“ Eindrücke zur Verleihung des Georg–Elser–Preises 2017 an Ernst Grube“